Arbeitszeiterfassung 2023: Diese Regeln musst du kennen

Die Arbeitszeiterfassung wird 2023 in Deutschland strenger: Während bisher nur in einigen Branchen alle Arbeitszeiten detailliert erfasst werden mussten, ist dies nun für alle Unternehmen Pflicht. Das musst Du zu den Änderungen und Deinen neuen Rechten und Pflichten zur Arbeitszeiterfassung 2023 wissen.

Arbeitszeiterfassung: Das ändert sich 2023

Bisher waren die Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland eher lasch: Laut Arbeitszeitgesetz müssen Arbeitgeber lediglich Überstunden und Mehrarbeit sowie die Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen erfassen. Das ändert sich nun. Die Arbeitszeiterfassung wird 2023 deutlich strenger und umfangreicher.

Die Hintergründe: Europäischer Gerichtshof und Bundesarbeitsgericht entscheiden Pflicht zur Zeiterfassung

Die Änderung des Arbeitszeitgesetzes in Gang gesetzt hatte ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser beschloss bereits am 14. Mai 2019, dass die Mitgliedstaaten der EU die Arbeitgeber in ihrem Land verpflichten müssen, ein objektives und verlässliches System zur Messung der täglich geleisteten Arbeitszeit von Arbeitnehmenden einzurichten. Fachleute sahen bereits in diesem Beschluss eine indirekte Aufforderung an den Gesetzgeber zu handeln, dieser zögerte jedoch noch.

Schließlich nahm sich das Bundesarbeitsgericht des Falls an: Konkret kam es zu einem Rechtsstreit, weil ein Betriebsrat die Einführung eines Systems zur Erfassung der Arbeitszeit initiieren wollte. In seinem Urteil entschied das Bundesarbeitsgericht, dass der Betriebsrat bezüglich der Einführung einer Zeiterfassung kein Initiativrecht hat – weil der Arbeitgeber schon durch das Urteil des EuGH zur generellen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet ist. Mit diesem Urteil vom 13. September 2022 unterstrich das Bundesarbeitsgericht also, dass auch in Deutschland die gesamte Arbeitszeit von Arbeitnehmenden aufgezeichnet werden muss.

Auch wenn die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023 bisher noch nicht gesetzlich geregelt wird, gilt sie dennoch bereits für alle Arbeitgeber und Unternehmen. Eine Ergänzung oder Änderung des Arbeitszeitgesetzes steht zwar bisher noch aus. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts macht allerdings bereits jetzt klar, dass alle Arbeitszeiten von Arbeitnehmenden erfasst werden müssen – ohne Ausnahme.

Gibt es Ausnahmen von der neuen Arbeitszeiterfassung 2023?

Der erste Gesetzesentwurf für die Änderung des Arbeitszeitgesetzes sieht zwar Ausnahmen vor – aber nur für die Arten der Zeiterfassung, nicht für die grundsätzliche Pflicht. Damit müssen alle Unternehmen, vom Zwei-Mann-Betrieb bis zum riesigen Konzern, gleichermaßen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten aufzeichnen und aufbewahren.

Die genannten Ausnahmen beziehen sich auf die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung, die der Gesetzesentwurf derzeit vorsieht. Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden sollen von dieser ausgenommen sein. Sie dürfen die Arbeitszeit auch manuell aufzeichnen. Für kleinere und mittlere Unternehmen soll es Übergangsfristen geben.

Da die Gesetzesänderung bisher noch nicht verabschiedet wurde, ist noch nicht klar, ob diese Regelungen am Ende tatsächlich gelten werden. Die Reaktionen auf den bisherigen Entwurf fielen auf jeden Fall gemischt aus: Einigen gingen die Pflichten nicht weit genug, während andere die zu hohen Kosten für die Unternehmen anmahnten.

Ausnahmen von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023 können sich jedoch für Mitarbeitende ergeben, deren Tätigkeiten nicht dem Arbeitszeitgesetz unterliegen. Dazu zählen zum Beispiel Beamte, Soldaten, Chefärzte und leitende Angestellte. Letztere sind zum Beispiel Führungskräfte in der Geschäfts- und Abteilungsleitung. Für sie ist die Einhaltung der Höchstarbeits-, Pausen- und Ruhezeiten nicht verpflichtend. Dementsprechend müssen sie auch ihre Arbeitszeiten nicht erfassen, um deren Einhaltung zu kontrollieren.

Arten der Arbeitszeiterfassung: Diese Möglichkeiten gibt es

Arbeitszeiterfassung 2023 per Stundenzettel

Der EuGH forderte in seinem Urteil zur Erfassung der Arbeitszeit ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“. Da es aber noch keine Änderung im Arbeitszeitgesetz zur Arbeitszeiterfassung 2023 gibt, ist noch nicht klar, wie die genauen Anforderungen an Zeiterfassungssysteme aussehen werden. Denkbar sind zum Beispiel folgende Varianten:

  • Schriftliche Erfassung mit Stundenzetteln: Arbeitnehmende notieren ihre geleisteten Arbeitsstunden auf einem Zettel und reichen diesen am Monatsende ein. Das kostet die Personalabteilung aber viel Zeit, die Arbeitszeit zu übertragen und ist fehleranfällig, weil Stundenzettel verloren gehen können.
  • Digitale Erfassung mit Excel-Tabellen: Stundenzettel lassen sich auch digital mit Excel oder in Word erstellen. Sie gehen nicht so schnell verloren, können aber jederzeit geändert und manipuliert werden. Daher wird diese Art der Arbeitszeiterfassung 2023 wahrscheinlich nicht den gesetzlichen Vorgaben genügen.
  • Die klassische Stechuhr: Mitarbeitende haben entweder eine Stempelkarte oder einen digitalen Transponder, mit dem sie sich morgens an- sowie zu den Pausen und abends abmelden. Dieses Zeiterfassungssystem ist fälschungssicher und erprobt. Für kleine Unternehmen sind die Anschaffungskosten aber wahrscheinlich zu hoch.
  • Online-Zeiterfassung: Über eine spezielle Software erfassen Arbeitnehmende ihre Arbeitszeiten, die direkt an die Personalabteilung weitergeleitet werden. Für die meisten Arbeitgeber mit wenigen Mitarbeitenden dürfte dies die beste Lösung sein.

Wichtig bei der Arbeitszeiterfassung 2023 ist auf jeden Fall, dass auch die Vorgaben zum Datenschutz laut DSGVO eingehalten werden. Beschäftigte dürfen deshalb nur Zugriff auf ihre eigenen Arbeitszeiten haben. Eine Excel-Tabelle, in der alle Arbeitnehmenden ihre Zeiterfassung machen, ist also nicht nur zu anfällig für Manipulationen, sondern auch aus Gründen des Datenschutzes nicht zulässig. Außerdem hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl eines Zeiterfassungssystems.

Arbeitszeiterfassung im Homeoffice

Für mobiles Arbeiten und die Arbeit im Homeoffice birgt die neue Arbeitszeiterfassung ab 2023 besondere Herausforderungen. Ein Stempelsystem, egal ab analog oder digital, kann die Arbeitszeit am Rechner zu Hause nicht erfassen. Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten dieses Arbeitszeitmodell nach wie vor anbieten wollen, greifen am besten auf eine digitale Software als Zeiterfassungssystem zurück. Alternativ können Arbeitnehmende ihre Zeiten und Überstunden zu Hause auch schriftlich per Hand erfassen und nachreichen. Das bedeutet allerdings einen höheren Aufwand für alle betroffenen Mitarbeitenden sowie die Personalabteilung.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023: Was muss dokumentiert werden?

Die genauen Vorgaben, was Arbeitgeber im Rahmen der Arbeitszeiterfassung 2023 aufzeichnen müssen, werden erst mit der Änderung des Arbeitszeitgesetzes durch dessen neue Regelungen bekannt. Bis dahin gilt, dass die Zeiterfassung die Rahmenbedingungen zur Einhaltung der Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten ermöglichen muss. Dafür sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmende den Beginn, die Dauer und das Ende der Arbeitszeit aller Beschäftigten aufzeichnen.

Was gehört alles zur Arbeitszeit?

Die Frage, was bereits zur Arbeitszeit gehört und was nicht, gehört zu den häufigsten Streitpunkten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden. Für Fachleute in Sachen Recht steht fest: Alles, was mit der Vorbereitung für die eigentliche Arbeit zu tun hat, gehört bereits zur Arbeitszeit. Das heißt, wenn Du Dir im Betrieb Deine Schutzkleidung anziehst oder im Homeoffice den Rechner hochfährst, gilt das bereits als Arbeit, die erfasst werden muss.

Gehören zu Deiner Arbeit regelmäßige Kundentermine, können auch Fahrtzeiten zur Arbeitszeit gehören: Denn dauert Dein Fahrtweg zu Deinem Termin länger als der ins Büro, gilt die Differenz ebenfalls als Arbeitszeit. Das Gleiche gilt für den Heimweg am Ende Deines Tages.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023 und Vertrauensarbeitszeit – geht das?

Bei der Vertrauensarbeitszeit können Beschäftigte selbst wählen, wann sie arbeiten. Der Arbeitgeber vertraut darauf, dass sie dabei sowohl die vertraglichen Vereinbarungen als auch die gesetzlichen Regelungen zur Höchstarbeitszeit sowie Pausen- und Ruhezeiten einhalten. Daher auch der Name „Vertrauensarbeitszeit“ für dieses Arbeitszeitmodell. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung 2023 ändert prinzipiell nichts daran, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten mit flexiblen Arbeitszeiten freie Hand lassen können. Sie müssen nun zusätzlich die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen überprüfen und bei Bedarf ihre Arbeitnehmenden ermahnen, diese zu befolgen.

Was passiert bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz?

Generell sind Unternehmen als Arbeitgeber selbst dafür verantwortlich, dass sie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Es gibt jedoch immer wieder schwarze Schafe, die es damit nicht so genau nehmen. Rechtlich gesehen sind es die einzelnen Bundesländer und deren Arbeitsschutzbehörden, die die tatsächliche Einhaltung überprüfen und im Einzelfall verbindliche Entscheidungen treffen können. Bei Verstößen können Sie Nachbesserungen verlangen und Bußgelder verhängen.

Was, wenn Arbeitgeber keine Arbeitszeiterfassung einführen?

Verstoßen Arbeitgeber gegen die im Arbeitszeitgesetz festgehaltene Dokumentationspflicht bezüglich Überstunden und Mehrarbeit, drohen Geldstrafen bis zu 30.000 Euro. Hat Dein Unternehmen bisher noch keine generelle Zeiterfassung eingeführt, bleibt das derzeit noch straffrei. Fachkreise rechnen damit, dass entsprechende Geldbußen mit der Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes für die Arbeitszeiterfassung 2023 eingeführt werden. Tritt die Gesetzesänderung in Kraft, wird es für Arbeitgeber also höchste Zeit, die neuen Maßnahmen zur Aufzeichnung der Arbeitszeit umzusetzen.

Was, wenn Arbeitgeber die Arbeitszeit manipulieren?

Arbeitgeber, die die von einer Stempeluhr oder einem anderen Zeiterfassungssystem aufgezeichneten Arbeitszeiten und Überstunden manipulieren, begehen Betrug zulasten ihrer Mitarbeitenden. Diese sollten sich in einem solchen Fall unbedingt zur Wehr setzen. Reagiert der Arbeitgeber nicht auf Ermahnungen der Arbeitnehmenden, bleibt diesen nur der Gang zu einer Rechtsvertretung mit Schwerpunkt Arbeitsrecht und zusammen mit dieser eine Strafanzeige zu stellen.

Was, wenn Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten nicht eingehalten werden?

Die umfassende Arbeitszeiterfassung 2023 soll vor allem dem Schutz von Beschäftigten dienen, indem sie Verstöße gegen die gesetzlichen Höchstarbeits- und Ruhezeiten besser sichtbar macht. Dabei obliegt es den Arbeitgebern, ihre Mitarbeitenden so zu planen und einzusetzen, dass die entsprechenden Regelungen und Gesetze befolgt werden. Gelingt ihnen das nicht, droht bei einem Verstoß die Verordnung eines Bußgelds.

Dabei gilt: Je länger Arbeitnehmende über die Höchstarbeitszeit hinaus arbeiten, desto mehr muss der Arbeitgeber zahlen. Für einen nicht gewährten Ersatzruhetag werden zum Beispiel 500 Euro fällig. Auch wenn die verpflichtenden Aufzeichnungen nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden, drohen Strafen. Außerdem können die Behörden bei einem Verstoß gegen die Höchstarbeitszeit oder Ruhezeiten den dadurch erzielten Gewinn abschöpfen.

Verstoßen Arbeitgeber immer wieder gegen das Arbeitszeitgesetz oder wird die Gesundheit der Beschäftigten dabei besonders gefährdet, kann die Staatsanwaltschaft auch eine Strafanzeige gegen die zuständigen Führungskräfte stellen. Diesen droht dann sogar eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr.

FAQ - Häufig gestellte Fragen

Welche Änderungen gibt es 2023 bei der Arbeitszeiterfassung?
Arbeitgeber sind 2023 dazu verpflichtet, die Arbeitszeiterfassung ihrer Angestellten sicherzustellen. So müssen nicht mehr nur, wie bisher, die geleisteten Überstunden, sondern jegliche Arbeitszeiten erfasst werden.
Gibt es Ausnahmen bei der Arbeitszeiterfassung 2023?
Grundsätzlich ist die Arbeitszeiterfassung 2023 Pflicht. Eine Ausnahme soll es aber für Kleinstunternehmen geben, die die Arbeitszeiterfassung ihrer Mitarbeiter auch manuell und nicht zwingend elektronisch vornehmen dürfen. Auch Mitarbeiter, die nicht an das Arbeitszeitgesetz gebunden sind, wie Beamte und Soldaten, haben keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.
Welche Arten der Arbeitszeiterfassung gibt es 2023?
Für die Arbeitszeiterfassung 2023 gibt es folgende Möglichkeiten: Die schriftliche Erfassung per Stundenzettel, die digitale Erfassung mit Excel-Tabellen, die klassische Stechuhr oder die Online Zeiterfassung über eine Software.
Was muss bei der Arbeitszeiterfassung 2023 dokumentiert werden?
Genaue Vorgaben für die Arbeitszeiterfassung 2023 wird es erst mit der Änderung des Arbeitszeitgesetzes geben. Bis dahin sollen Arbeitnehmer den Beginn, die Dauer und das Ende der Arbeitszeit dokumentieren.

Autor: Yourfirm-Redaktion

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