Mittelstand vs. Zeitarbeit – Was bietet langfristig die bessere Perspektive?
Berufseinsteiger sehen oft den Job vor lauter Stellenanzeigen nicht. Da erscheinen Zeitarbeitsfirmen, die schnelle Arbeit ohne großen Aufwand bieten, wie ein wahrer Segen. Langfristig hat die Leiharbeit aber auch ihre Schattenseiten. Hier erfährst Du mehr über die Vor- und Nachteile der Arbeitnehmerüberlassung und wieso eine Stelle im Mittelstand oft die bessere Wahl ist.
Zeitarbeit und Leiharbeit - eine Definition
Zeitarbeit und Leiharbeit sind Synonyme für das Modell der Arbeitnehmerüberlassung: Im Rahmen dieses Arbeitsmodells bist Du bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt. Dieses übernimmt Dir gegenüber die Fürsorgepflicht und sorgt dafür, dass Du bei der Sozialversicherung angemeldet bist und regelmäßig Dein Gehalt bekommst. Dieser Betrieb ist aber nicht Dein Arbeitsplatz. Stattdessen wirst Du, je nach Bedarf, an unterschiedliche Unternehmen ausgeliehen und arbeitest dort zusammen mit den Festangestellten.
Arbeitsvermittlung und Arbeitsalltag in der Zeitarbeit
Zeit- und Leiharbeit sind vor allem bei einfachen Tätigkeiten weit verbreitet: Jede zweite Leiharbeitsstelle richtet sich an Helfer ohne Qualifikationen. Es gibt aber auch Zeitarbeitsstellen, die einen bestimmten Abschluss erfordern. Besonders beliebt ist der Einsatz von Leiharbeiter:innen in der Metall- und Elektrobranche sowie in den Bereichen Logistik, Verkehr, Schutz und Sicherheit – hier sind starke Schwankungen in der Auftragslage besonders häufig.
Leiharbeitnehmer:innen haben in ihrem Betrieb die gleichen Rechte und Pflichten wie Festangestellte. Das gilt zum Beispiel für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Urlaubsanspruch. Das Gehalt wird wiederum nicht über die branchenspezifischen Tarifverträge, sondern über die Lohnuntergrenze für Zeitarbeit festgelegt. Diese liegt derzeit bei 10,88 Euro pro Stunde und damit unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Natürlich kannst Du aber auch ein höheres Gehalt aushandeln. Außerdem gibt es einige Branchen, in denen Zeitarbeiter:innen verpflichtend einen bestimmten Zuschlag erhalten.
Vor- und Nachteile von Leiharbeit
Für Unternehmen mit stark schwankendem Personalbedarf sind Zeitarbeiter:innen ideal, um einen plötzlichen Mehrbedarf auszugleichen, ohne die Personalkosten dauerhaft zu erhöhen. Auch das Zeitarbeitsunternehmen verdient an seinen Angestellten, weil es einen Teil der Leihgebühren als Gewinn selbst einsteckt. Für Dich als Angestellte ist die Zeitarbeit zwar mit einigen Vorteilen, aber auch mit zahlreichen Nachteilen verbunden.
Die wichtigsten Vorteile der Zeitarbeit
Die meisten Zeitarbeitsfirmen sind bei der Einstellung viel weniger wählerisch als ein normales Unternehmen. Da sie eine Vielzahl an unterschiedlichen Stellen zu besetzen haben, fällt es ihnen leichter, immer eine passende Position für Dich und Deine Stärken zu finden. Die meisten HR-Verantwortlichen in Zeitunternehmen legen weniger Wert auf gute Zeugnisse und formale Qualifikationen und lassen sich auch gerne von persönlichen Qualitäten überzeugen.
Berufseinsteiger:innen und Einwander:innen profitieren besonders stark von den niedrigen Hürden bei einer Anstellung in einer Zeitarbeitsfirma. Für sie ist diese oft eine gute Chance, um Berufserfahrung zu sammeln und dadurch später eine richtige Festanstellung zu bekommen. Das kann sogar direkt im Rahmen einer Ausleihe an einen Arbeitgeber erfolgen: Dieser hat in der Regel die Möglichkeit, Zeitarbeiter:innen, falls gewollt, in eine Festanstellung zu übernehmen.
Bis dahin profitieren sie von den überwiegend unbefristeten Arbeitsverträgen, die Leiharbeitsfirmen vergeben. So bist Du gut abgesichert und musst Dir weniger Sorgen über eine drohende Arbeitslosigkeit machen. Das Risiko trägt stattdessen die Zeitarbeitsfirma.
Diese Nachteile hat eine Anstellung in einem Leiharbeitsunternehmen
Der schlechte Ruf, den die Leiharbeit allgemein hat, stammt vor allem aus ihren Anfangszeiten: Damals konnten Zeitarbeitsfirmen ihre Angestellten stark ausbeuten, indem sie sie teuer vermittelten, ihnen aber nur wenig bezahlten. Seitdem gab es zahlreiche Gesetzesreformen, die die Rechte der Arbeitnehmer:innen in der Zeitarbeit gestärkt haben. Außerdem gibt es in diesem Bereich mittlerweile zwei Tarifverträge. Trotzdem nutzen die meisten Leiharbeitsfirmen nach wie vor alle möglichen Lücken aus, um ihren Gewinn zu maximieren und die Leiharbeit möglichst günstig zu halten.
Dazu kommt, dass die Zeitarbeit Dir einiges an Flexibilität abverlangt: Schließlich können sich Dein Arbeitsort und Deine Arbeitszeiten regelmäßig ändern. Zwar streben die meisten Leiharbeitsfirmen eine mindestens mehrmonatige Beschäftigung in jedem Betrieb an. Manchmal arbeitest Du aber auch nur einige Wochen an einem Ort, bevor Du weiterziehen musst.
Dadurch, und weil die maximale Ausleihzeit an ein einzelnes Unternehmen auf 18 Monate beschränkt ist, kannst Du leider kaum eine gute Beziehung zu Deinen Arbeitskollegen aufbauen. Obwohl Zeitarbeiter:innen rein rechtlich in einem Betrieb genauso behandelt werden müssen wie Festangestellte, sieht es in der Praxis oft anders aus: Man gehört einfach nicht so richtig zur Belegschaft dazu, weil man ja sowieso bald wieder gehen muss.
Noch dazu verdienst Du als Leiharbeiter:in oft weniger als Deine Kolleg:innen – schließlich will der Betrieb, in dem Du arbeitest, nicht mehr für Deine Arbeitskraft zahlen als für den Rest, die Zeitarbeitsfirma muss sich von der Leihgebühr aber auch noch finanzieren. Derzeit ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Du nach neun Monaten das gleiche Gehalt wie Deine Kollegen im Betrieb bekommst. Viele Leiharbeitsfirmen umgehen dies aber, indem sie die Leihzeiten kürzer ansetzen.
Zeitarbeit vs. Festanstellung im Mittelstand
Die Anstellung in einer Leiharbeitsfirma sorgt dafür, dass Du schnell Arbeit findest und Geld verdienst, um Deinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Langfristig stellt sie aber fast immer eine Sackgasse dar: Nur in wenigen Fällen bieten Zeitarbeitsfirmen oder Entleiher Dir die Möglichkeit, Dich weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Fortbildungen sind aber eine wichtige Voraussetzung dafür, aufzusteigen und eine höhere Position im Unternehmen zu besetzen.
In dieser Hinsicht sind kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) die bessere Wahl: Sie haben meist ein großes Interesse daran, dass ihre Angestellten bestmöglich ausgebildet sind und dadurch ihren Betrieb bereichern. In Zeiten des Fachkräftemangels sind viele mittelständische Unternehmen bereit, in Deine Aus- und Weiterbildung zu investieren, wenn Du die erworbenen Kenntnisse dann im Betrieb einbringst.
Daher wird das Arbeiten im Mittelstand gerade auch für Menschen mit nicht geradlinigem Lebenslauf und geringer Qualifizierung oder ohne Abschluss immer interessanter. Zwar sind die Einstiegshürden oft höher als in einer Zeitarbeitsfirma. Wenn Du es aber erst einmal bis zu einem persönlichen Gespräch geschafft hast und mit Deiner Motivation überzeugen kannst, stehen Dir in einem KMU in den meisten Fällen alle Türen offen.
Anders als bei der Leiharbeit findest Du im Idealfall in einem mittelständischen Unternehmen ein neues zweites Zuhause mit einer herzlichen Belegschaft und vielen netten Kollegen. Vor allem die familiäre Atmosphäre ist es, was die meisten an KMU so schätzen und weswegen sie jeden Tag gerne zur Arbeit gehen – kein Vergleich zu der meist kalten Anonymität, wie sie in der Leiharbeit vorherrschend ist.Fazit: Leiharbeit ist vor allem eine kurzfristige Lösung
Die Vorteile der Leiharbeit, sowohl für Unternehmen als auch für Beschäftigte, sind nicht von der Hand zu weisen. Das System eignet sich aber nicht, um jahrelang darin von Betrieb zu Betrieb weitergereicht zu werden. Einerseits fühlst Du Dich dadurch schnell einsam, andererseits gibt es dabei kaum Aufstiegsmöglichkeiten.
Langfristig solltest Du Dich daher lieber für eine Festanstellung in einem KMU entscheiden: Hier kannst Du mit dem Betrieb wachsen und langsam Deinen Aufgabenbereich erweitern und aufsteigen. Das ist nicht nur gut für Dein persönliches Befinden, sondern auch für Deinen Geldbeutel.
FAQ - Häufig gestellte Fragen
Zeitarbeit und Leiharbeit sind beides Synonyme für die Arbeitnehmerüberlassung. Dabei sind Menschen nicht direkt bei ihrem Arbeitgeber, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt. Diese verleiht sie anschließend an unterschiedliche Betriebe, wo sie zusammen mit der festangestellten Belegschaft arbeiten.
Zeitarbeitsfirmen stellen meist keine großen Anforderungen an ihre Angestellten und bieten ihnen unbefristete Arbeitsverträge. Sie erleichtern dadurch den Einstieg in den Arbeitsmarkt und können oft auch gering qualifizierte Arbeitskräfte erfolgreich vermitteln. Außerdem sorgt der häufige Arbeitsplatzwechsel für jede Menge Abwechslung und hilft, sich in der Arbeitswelt zu vernetzen.
Da Du nie lange bei einem Unternehmen bleibst, kannst Du keine Beziehung zu Deinen Kolleg:innen aufbauen und fühlst Dich deswegen auf der Arbeit wahrscheinlich häufiger einsam. Außerdem bekommst Du in den ersten Monaten nicht das gleiche Gehalt wie Festangestellte. Nicht zuletzt verlangt Leiharbeit von Dir auch, immer flexibel bezüglich Deines Arbeitsorts und Deiner Arbeitszeiten zu sein.
Autor: Yourfirm-Redaktion
Kontakt: redaktion@yourfirm.de