Überstunden im Job: Alle Informationen und Regelungen im Überblick

Deutschland ist EU-weit Überstundenmeister: Jede Woche arbeiten deutsche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen durchschnittlich 2,7 Stunden mehr als vertraglich vereinbart. Hier erfährst Du, was es mit Überstunden und Mehrarbeit auf sich hat, wann und in welchem Umfang Du zu Überstunden verpflichtet bist und welche Vergütung Dir dafür zusteht.

Überstunden und Mehrarbeit: Das ist der Unterschied

Umgangssprachlich werden die beiden Begriffe „Überstunden“ und „Mehrarbeit“ meist als Synonym verwendet. Tatsächlich handelt es sich aber um zwei unterschiedliche Konzepte:

  • Überstunden fallen dann an, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mehr Stunden arbeiten, als vertraglich vereinbart sind. Hast Du zum Beispiel einen Vertrag über 38 Arbeitsstunden pro Woche, arbeitest aber insgesamt 41 Stunden, sammelst Du in dieser Woche drei Überstunden.
  • Mehrarbeit bezieht sich auf die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Diese betragen laut § 3 Satz 2 ArbZG acht Stunden am Tag und 48 Stunden in der Woche, dürfen bei Bedarf aber auf zehn Stunden täglich ausgeweitet werden. Im obigen Beispiel würdest Du also Überstunden machen, aber keine Mehrarbeit nach ArbZG leisten.

Während Überstundenregelungen meistens im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung zu finden sind, gilt für Mehrarbeit das Arbeitszeitgesetz. Dort ist auch festgelegt, dass Arbeitgeber zur Aufzeichnung aller Arbeitszeiten inklusive Überstunden verpflichtet sind.

Überstunden: Wann dürfen Arbeitgeber längere Arbeitszeiten verlangen?

Prinzipiell gelten für Deine Arbeit die im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgelegten Arbeitszeiten inklusive der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und Du hast das Recht, pünktlich Feierabend zu machen – sofern es keine explizite Überstundenregelung gibt. Natürlich liegt es aber im Interesse der Arbeitgeber, bei Bedarf Überstunden anordnen zu können. Deswegen gibt es in fast allen Unternehmen Vereinbarungen bezüglich Überstunden. Diese können an folgenden Orten zu finden sein:

  • Einzelvereinbarung: Vereinbarungen des Arbeitgebers mit einzelnen Mitarbeitenden bezüglich Überstunden können sowohl schriftlich als auch mündlich oder stillschweigend erfolgen. Ordnet Deine Führungskraft Überstunden an und Du führst diese ohne Widerspruch aus, gilt das zum Beispiel als Vereinbarung und Einverständnis Deinerseits.
  • Arbeitsvertrag: Oft findest Du in Deinem Arbeitsvertrag eine Regelung, die Überstunden ermöglicht. Entsprechende Klauseln sind aber nur dann gültig, wenn sie auch die höchstens zu leistenden Überstunden beinhalten. So weißt Du bei Antritt der Stelle genau, worauf Du Dich einlässt, hast im Ernstfall aber auch kein Recht, zusätzlichen Arbeitsstunden zu widersprechen.
  • Tarifvertrag: In Branchen mit einem Tarifvertrag regelt dieser in den meisten Fällen auch die Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden sowie den Anspruch auf Vergütung und mögliche Zuschläge.
  • Betriebsvereinbarung: In größeren Unternehmen mit Betriebsrat sind Überstunden durch diesen genehmigungspflichtig. Damit der Betriebsrat nicht jeder einzelnen Überstunde zustimmen muss, wird oft eine Betriebsvereinbarung zum Thema Überstunden ausgearbeitet. Diese gilt dann als Zustimmung des Betriebsrats zu einer bestimmten Zahl an Überstunden. Außerdem enthält sie, ob es Zuschläge gibt, wie hoch der Überstundenzuschlag ist und ob Arbeiter und Arbeiterinnen Anspruch auf einen Freizeitausgleich haben.

Unabhängig davon, ob es im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Vereinbarung zum Thema Überstunden gibt oder nicht, können Arbeitgeber in Notfallsituationen immer Mehrarbeit einfordern. Dazu zählen zum Beispiel Naturkatastrophen oder wenn aufgrund von Krankheit zu wenig Personal am Arbeitsplatz vorhanden ist und der Betrieb ohne Überstunden nicht aufrechterhalten werden könnte.

Voraussetzungen für die Anordnung von Überstunden im Überblick

Die Vorgaben für das Anordnen von Überstunden setzen sich aus den Regelungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung und der gängigen Rechtsprechung zusammen. In der Regel gelten damit folgende Voraussetzungen und Ansprüche:

  • Überstunden und Mehrarbeit müssen mindestens vier Tage im Voraus angekündigt werden, damit sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen darauf einstellen können.
  • Es muss einen guten Grund für Überstunden geben. Oft sind die möglichen Gründe direkt im Arbeits- oder Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung zum Thema Überstunden aufgeführt.
  • Auch durch Überstunden darf die im Arbeitszeitgesetz geregelte Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden. Sie beträgt regulär 48 Stunden in der Woche, kann aber in Ausnahmefällen auf zehn Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ausgeweitet werden – dann besteht aber ein Anspruch auf einen Freizeitausgleich.
  • Die Ruhezeit zwischen Arbeitsende an einem und Arbeitsbeginn am nächsten Tag muss laut Arbeitszeitgesetz mindestens elf Stunden betragen. Außerdem hast Du Anspruch auf die im Arbeitszeitgesetz geregelten Pausenzeiten.

Darf ich Überstunden verweigern?

Überstunden im Homeoffice

Dein Arbeitgeber darf im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung ermöglichte Überstunden nur mit einem guten Grund anordnen – und Du darfst die zusätzliche Arbeit nur mit einem guten Grund verweigern:

  • Sind Überstunden weder in Deinem Arbeitsvertrag noch in einem Tarifvertrag erwähnt, bist Du nicht zu zusätzlichen Arbeitsstunden verpflichtet. Eine Ausnahme sind Notsituationen, die nicht absehbar waren.
  • Mehrarbeit ist nur dann zulässig, wenn dabei die im Arbeitszeitgesetz geregelten Bestimmungen nicht verletzt werden und der Betriebsrat zustimmt.
  • Werden die Überstunden nicht rechtzeitig vom Arbeitgeber angekündigt oder eine der anderen oben genannten Voraussetzungen ist nicht erfüllt, gelten Deine regulären Arbeitszeiten am Arbeitsplatz.
  • Gesundheitliche Bedenken sowie die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen werden in der Regel als gute Gründe zur Verweigerung von Überstunden anerkannt.
  • Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Minijob oder in Teilzeit sind nicht zu Überstunden verpflichtet: Die Arbeit in Teilzeit impliziert, dass über die reguläre Arbeitszeit hinaus keine Mehrarbeit geleistet werden muss.
  • Auszubildende und minderjährige Mitarbeitende müssen nur in seltenen Ausnahmefällen Überstunden leisten.

Ordnet Dein Arbeitgeber rechtmäßig Überstunden laut Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung an, Du kommst dieser Weisung aber ohne guten Grund nicht nach, handelt es sich um Arbeitsverweigerung. Die Folge ist in der Regel zuerst eine Abmahnung und bei wiederholter Weigerung eine Kündigung.

Darf ich freiwillig Überstunden machen?

Wer kennt es nicht: Ein Projekt muss aufgrund einer Deadline dringend fertig werden und Du bleibst deswegen zwei Stunden länger auf der Arbeit. Was in den meisten Unternehmen selbstverständlich ist, kann unter Umständen auch zu Schwierigkeiten und Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber führen: Denn Du hast nur einen Anspruch auf Überstunden, wenn sie auch angeordnet und vom Betriebsrat genehmigt wurden. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen können also nicht einfach länger bleiben und für diese Zeit eine Überstundenvergütung und etwaige Zuschläge verlangen.

Zum Glück legt die Rechtsprechung das Anordnen von Mehrarbeit relativ großzügig aus: In der Regel reicht es, wenn die Geschäftsführung oder Deine Vorgesetzten wissen, dass Du länger arbeitest. Schicken Sie Dich nicht gezielt nach Hause, gelten die von Dir geleisteten Überstunden als „stillschweigend akzeptiert“ und müssen als Arbeitszeit anerkannt werden. Um auf der sicheren Seite zu sein, solltest Du Dir die Genehmigung für zusätzliche Arbeitsstunden daher am besten immer schriftlich geben lassen. Anders sieht es aus, wenn die Führung Überstunden explizit untersagt hat. Dann solltest Du wirklich nach Hause gehen, weil Du etwaige Mehrarbeit nicht vergütet bekommst.

Vergütung von Überstunden: Das ist zulässig

Bei zulässigen Überstunden hast Du Anspruch auf eine Vergütung und eventuell auch einen Überstundenzuschlag. Alternativ können zusätzliche Arbeitsstunden durch Freizeit an anderer Stelle ausgeglichen werden. Allerdings gibt es auch hier eine ganze Reihe von Ausnahmen und Sonderregelungen.

Pauschale Vergütung von Überstunden mit dem Gehalt

In Arbeitsverträgen finden sich immer wieder Klauseln wie:

„Etwaige Überstunden sind mit dem monatlichen Gehalt abgegolten.“

Gerichte haben solch pauschale Überstundenregelungen aber für nicht zulässig erklärt. Steht in Deinem Arbeitsvertrag eine solche Klausel, ist sie also ungültig. Präzise Formulierungen, die die Anzahl der maximal zu leistenden Überstunden pro Monat genau nennen, sind hingegen zulässig:

„Bis zu fünf Überstunden im Monat sind mit dem monatlichen Gehalt abgegolten.“

Voraussetzung hier ist, dass die reguläre Arbeitszeit und die mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden in einem fairen Verhältnis stehen müssen. Werden die zusätzlichen Stunden mit dem Gehalt abgegolten, hast Du keinen Anspruch auf einen Überstundenzuschlag.

Bei leitenden Angestellten und Führungskräften ist eine pauschale Vergütung etwaiger Überstunden mit dem Gehalt auch ohne entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag gültig. Das Bundesarbeitsgericht begründete in einem Urteil, dass das ohnehin schon hohe Gehalt als Vergütung für zusätzliche Arbeitszeit ausreicht.

Freizeitausgleich für Überstunden

Der Freizeitausgleich für Überstunden ist die einfachste und unbürokratischste Methode. Im besten Fall hast Du bei Deinem Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto, auf dem Deine Überstunden als zusätzliche Arbeitszeit gesammelt werden. Arbeitest Du an einem Tag länger, kannst Du dafür, natürlich in Absprache mit den anderen Mitarbeitenden und der Teamleitung, an einem anderen Tag später kommen oder früher gehen.

Der Freizeitausgleich hat für Dich den Vorteil, dass Deine Work-Life-Balance von Überstunden und Mehrarbeit nur kurzfristig beeinträchtigt wird. Langfristig bleibt Deine Arbeitszeit immer gleich. Einige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen finden dieses System aufgrund seiner Flexibilität sogar richtig gut: Sie arbeiten gerne manchmal länger, um dafür einen zusätzlichen freien Tag zu bekommen.

Kannst Du mit der zusätzlichen Freizeit nichts anfangen und möchtest Deine Überstunden lieber ausbezahlt bekommen, kann Dich Dein Arbeitgeber nicht zum Freizeitausgleich zwingen. So kannst Du immer von etwaigen Überstundenzuschlägen profitieren.

Ausbezahlung von Überstunden

Nicht immer ist ein Freizeitausgleich für geleistete Überstunden möglich. Mitarbeitende haben deshalb kein Recht darauf, dass ihre Überstunden ausgeglichen werden. Gerade in kleinen Betrieben oder bei akutem Personalmangel fallen schnell mehr zusätzliche Stunden an, als sich abfeiern lassen. Dann machen Arbeitgeber gerne von der Möglichkeit, Überstunden zu vergüten, Gebrauch. Für einige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kommt der Zuschlag zum regulären Gehalt auch gerade recht.

Prinzipiell werden Überstunden mit Deinem regulären Stundenlohn vergütet. Im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag können aber Zuschläge für Überstunden vereinbart sein. Dann wird die Mehrarbeit sogar besser bezahlt als Deine regulären Arbeitsstunden. Üblich sind dabei Überstundenzuschläge in Höhe von mindestens 25 Prozent Deines Grundlohns.

Eine zeitlich beschränkte Möglichkeit zur Vergütung von Überstunden mit Zuschlägen ist die sogenannte Inflationsausgleichprämie. In ihrem Rahmen können Unternehmen bis Ende 2024 ihren Angestellten bis zu 3.000 Euro steuerfrei auszahlen, um die Folgen der anhaltenden Inflation abzumildern. Diese Prämie lässt über Umwege auch zur Ausbezahlung von Überstunden nutzen – allerdings nur, wenn es sich um Überstunden handelt, die sich eigentlich nicht auszahlen lassen, sondern mit Freizeitausgleich vergütet werden müssten. Bei dieser Art der Vergütung musst Du keine Steuern auf die Überstundenvergütung zahlen und hast dadurch mehr von Deinem Geld.

FAQ - Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?
Überstunden fallen an, wenn Arbeitnehmende mehr Stunden arbeiten als vertraglich vereinbart. Mehrarbeit bezieht sich hingegen auf die gesetzlich bestimmte Höchstarbeitszeit, die acht Stunden am Tag und 48 Stunden in der Woche umfasst.
Wann dürfen Arbeitgeber Überstunden verlangen?
Überstunden müssen vom Arbeitgeber vier Tage im Voraus angekündigt und begründet werden. Außerdem muss zwischen Arbeitsanfang- und Ende eine Ruhezeit von elf Stunden liegen.
Darf ich Überstunden verweigern?
Werden Überstunden nicht im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag festgehalten oder werden diese nicht rechtzeitig vom Arbeitegeber angekündigt, kannst du diese verweigern.
Wie werden Überstunden vergütet?
Machst du zulässige Überstunden, können diese durch Freizeitausgleich oder basierend auf deinem Stundenlohn vergütet werden. Informiere dich zunächst, wie die Überstunden in deinem Arbeitsvertrag geregelt sind.

Autor: Yourfirm-Redaktion

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